Exground

EXGROUND ON SCREEN

Das Filmfest abseits des Mainstream

von Markus Janda

Ein gepiercter Kahlkopf, der sich auf dem Männerklo zu 'nem Schiß setzt, sich anschließend selbst den Arsch ableckt und einem danach die Zunge rausstreckt - das ist "Exground on Screen". Bizarr, faszinierend, abstoßend, erregend. Ein Filmfestival für aufgeschlossene Zeitgenossen eben. Dieses Jahr findet es zum neunten Mal statt, und wie üblich haben die Veranstalter eine kuriose Filmauswahl getroffen, die dem Untertitel des Festivals - "Das Filmfest abseits des Mainstream" - nur allzu gerecht wird. Wer nur auf gelacktes Hollywoodkino mit Kevin Costner oder Tom Cruise steht, der sollte

Mitte November besser einen großen Bogen um die Wiesbadener Kinos "Caligari" und "Bambi" machen, denn hier regieren zu dieser Zeit Männer und Frauen die Leinwand, von denen der unspezialisierte Kinogänger noch nie etwas gehört haben dürfte. Shinya  Tsukamoto, Galaxy Craze, Larry Fessenden, Bruce LaBruce, Takeshi Kitano - das sind alles unbekannte Käffer irgendwo in der weiten Filmlandschaft.

Dennoch (oder gerade deshalb) kann ein vielseitig interessierter Filmfan auf dem "Exground" die eine oder andere Entdeckung machen. Selbst reine Horror- und SF-Anhänger werden im Programm fündig, denn zwischen Filmen wie NO SKIN OFF MY ASS (ein schwuler Friseur führt einen Skinhead in die homosexuelle Liebe ein), BORN TO LOSE (fiktive Dokumentation über eine Punk-Band) oder TOKYO FIST (Shinya Tsukamotos neues Werk, das von zwei ehemaligen Freunden handelt, die sich einem gnadenlosen Box-Training unterwerfen, um sich wegen einer Frau stilecht die Köpfe einschlagen zu können), finden sich auch einige Leckerbissen aus dem Bereich des Phantastischen Films. So z.B. eine mit STEVENSON HORROR betitelte Kurzfilm-Compilation mit Trailern und Filmausschnitten von legendären Science Fiction-B-Filmen aus den 50er, 60er und 70er Jahren (FRANKENSTEIN MEETS THE WOLFMAN, ATTACK OF THE CRAB MONSTERS, CAPTAIN KRONOS - VAMPIRE HUNTER, etc.). Als weitere Fantasy-Perle dürfte sich der britische Puppenanimationsfilm THE SECRET ADVENTURES OF TOM THUMB erweisen, laut Pressetext eine "Reise durch eine postindustrielle Alptraumwelt" (was immer das bedeuten mag). Die Fotos sehen jedenfalls vielversprechend aus und erinnern an Streifen wie NIGHTMARE BEFORE CHRISTMAS oder WALLACE & GROMIT.

Mit NADJA werden alle Vampirfans unter den Festivalbesuchem bedient. Die Handlung - Dr. Van Helsing jagt die Vampir-Zwillinge Nadja und Edgar durch das heutige New York - macht zwar nicht viel her, doch Peter Fonda in einer Doppelrolle als Van Helsing und Dracula soll angeblich umwerfend sein. Das behauptet wenigstens die "New York Times": "...Van Helsing is played by Peter Fonda in a comic performance that towers over the film..."

Desweiteren kann man im Rahmen einer kleinen Christopher Walken-Reihe noch einmal THE DEAD ZONE und GOD'S ARMY auf der Kinoleinwand bewundem. Dasselbe gilt für DIE ZEITMASCHINE mit Rod Taylor. Der SF-Klassiker wird in einer restaurierten Fassung gezeigt, womit er selbst für all diejenigen interessant sein dürfte, die den Film schon zigmal im Femsehen gesehen haben. Und DELLAMORTE DELLAMORE kann man sich ohnehin mehr als einmal anschauen. Oder etwa nicht?

Dieser Artikel erschien in Spookie Nr. 3, November 1996