12 Monkeys

12 MONKEYS

von André Günther

Anno 2035: In voller Schutzmontur muß sich der Schwerkriminelle Cole (Bruce Willis) als "Freiwilliger" durch die Ruinen des einstigen Philadelphia mühen und Proben des sich wieder überirdisch entwickelnden Lebens einsammeln. Durch einen Virus, dessen Auslöser im Jahre 1996 liegt, wurde fast die gesamte Menschheit vernichtet. Die wenigen Überlebenden vegetieren in unterirdischen Behausungen, während noch manche wilde Tiere an der Oberfläche zu finden sind. Da Cole seine Sache gut macht, wird er zur "Belohnung" nach einer torturartigen Befragung in die Vergangenheit geschickt, um den Auslöser des Virus zu finden.

Gilliams düster geschilderte Zukunft reißt keinen mehr vom Hocker

Leider landet er sechs Jahre vor der geplanten Ankunftszeit in der Vergangenheit des Jahres 1990, wo man ihn wegen seiner abstrusen Weltuntergangsprophezeihungen in die Klapsmühle steckt, in der er auf den noch durchgeknallteren Jeffrey Goines (Brad Pitt - der hier wirkliche einen Knall zu haben scheint) trifft, der ständig etwas von der Verschwörung der 12 Affen faselt (aufmerksame Zuschauer aufgepaßt!) und auf die Psychiaterin Dr. Kathryn Railly (Madeleine Stowe). Schon kurz darauf verschwindet Cole spurlos aus der Anstalt, um nach einem kurzen, wie unerfreulichen Aufenthalt bei seinen "Auftraggebern" in der Zukunft, im richtigen Jahr 1996 wieder aufzutauchen.

Cole entführt die Psychiaterin, um mit und durch sie an die in der Zukunft dringend gebrauchten Informationen zu gelangen, wodurch die Katastrophe abgewendet, bzw. ein Mittel gefunden werden kann, um den Überlebenden derselben zu helfen. Doch für Cole,der immer mal wieder von seinen Auftraggebern zur Berichterstattung zurückgeholt wird, wird es immer klarer, daß sein Auftrag eigentlich undurchführbar ist - zumal er beginnt, sich in der Vergangenheit zurechtzufinden und wohl zu fühlen. Auch tauchen immer wieder mal vermeintlich "alte Bekannte" aus der Zukunft auf, die nicht nur Cole, sondern auch den Zuschauer an seinem Verstand zweifeln lassen.

Trickreich verwebt Terry Gilliam hier die Ebenen der Zukunft und Vergangenheit, der Realität und Fiktion - oder doch nicht? Sondern nur die Ausgeburt eines kranken, vielleicht von dem geheimnisvollen Virus befallenen Geistes? Die Verknüpfung verschiedenster Realitätsebenen hat Gilliam auch in seinen vorherigen Filmen immer beschäftigt, nur diesmal zitiert er sich kräftig selbst (besonders die Szenen in der Zukunft haben mehr als nur flüchtige Ähnlichkeit mit der Welt von BRAZIL) und auch den Meister aller Klassen, Hitchcock, mit längeren Ausschnitten (u.a. aus VERTIGO). Leider erreicht Gilliam hier nie die angestrebte Klasse, und auch seine düster geschilderte, überfrachtet kontrollierte Zukunft reißt keinen mehr vom Hocker, doch hält diese wilde Mixtur aus Thriller, Science Fiction, Drama, etc. genügend Überraschungen und Wendungen bereit, daß das Interesse konstant wach bleibt. "Freunde" von Zeitreisen (und hier meine ich die ganz pedantischen) werden natürlich wieder tausend Ungereimtheiten finden - warum auch nicht, schließlich ist es nur ein Film.

Ein sehenswertes Stück Kino

Die ausgewählten Schauplätze sind frisch, die Kulissen phantasievoll, die Tricks durchweg überzeugend (besonders Coles Marsch durch das zerstörte Philadelphia ist eindrucksvoll) und die Schauspieler ein Genuß. Bruce Willis zeigt auch hier wieder, daß er ein immer noch zu Unrecht unterschätzter Schauspieler ist und Brad Pitt ist einfach genial irre. Madeleine Stowe hat genau die richtige Mischung von Zerbrechlichkeit und Rauheit, und alle werden sie von Gilliam mit sicherer Hand durch diese verschlungene Geschichte geführt. Das einzig zum Teil nervige ist die Musik, die permanent unpassende Kommentare zu dem Geschehen abgibt. Eine eher klassische Filmmusik wäre hier angebrachter gewesen als diese manchmal seltsamen Quäk-Klänge. Und wenn sich am Schluß der fatale Kreis der Ereignisse schließt, bleibt einem vielleicht sogar ein kleiner Kloß im Hals stecken, denn schon lange hat kein Film mehr mit einer pessimistischeren Auflösung aufgewartet. Ein sehenswertes Stück Kino.

 

TWELVE MONKEYS

  • USA 1995
  • Regie: Terry Gilliam
  • Produktion: Charles Roven
  • Drehbuch: David & Janet Peoples, basierend auf dem französischen Kurzfilm LA JETEE von Chris Marker
  • Kamera: Roger Pratt, BSC
  • Musik: Paul Buckmaster
  • Darsteller: Bruce Willis, Brad Pitt, Madeleine Stowe, David Morse, Christopher Plummer, Frank Gorshin, u.a.
  • Kinostart: 21. März 1996

Drehbuchautor David Peoples, der vor 12 MONKEYS bereits für die SF-Filme BLADE RUNNER und LEVIATHAN das Skript verfaßte, wollte anfangs nicht an Terry Gilliams Film mitwirken. Der Grund war jener französische Kurzfilm mit dem Titel LA JETEE, auf dem 12 MONKEYS basiert. Peoples: "Der Film ist so fantastisch - da gibt's im Grunde nichts, was man besser machen könnte. Außerdem war ich der Meinung, daß es bereits eine gelungene Hollywoodversion gibt, nämlich TERMINATOR."

Dieser Artikel erschien im Spookie Nr. 1, April 1996