Cameron Teil 1

KNALL!WUUUMMM!PENG!

James Cameron und seine Filme, Teil 1

von Markus Janda

Wenn man zu vorgerückter Stunde noch Bock auf 'n Video hat und einem plötzlich geflügelte Piranhas, wandelnde Quecksilbersäulen oder Rieseninsekten mit Auspuffrohren auf dem Rücken erscheinen, muß man nicht unbedingt vor der Flimmerkiste eingeschlafen sein. Man kann auch an einen Film von James Cameron geraten sein.

Zweifellos wäre das Genre des Phantastischen Films um mindestens zwei Highlights ärmer, hätte sich der studierte Maschinenbauingenieur James Cameron nicht Ende der 70er Jahre dazu entschlossen, den Lenker seines Trucks, mit dem er eine Zeitlang durchs Land brummte, gegen eine Filmkamera einzutauschen. TERMINATOR und ALIENS, zwei Filme, die frischen Wind ins zeitgenössische SF-Kino brachten, wären nie gedreht worden, und auf einen Film wie TOY STORY würden wir ohne ABYSS und TERMINATOR 2 heute noch warten.

Begonnen hat die Karriere des gebürtigen Kanadiers, der im August 1954 in dem Städtchen Kapuskasing zur Welt kam, bei New World Pictures, einer Produktionsfirma, die ausschließlich Billigfilme produzierte und vom ungekrönten König des B-Films, Roger Corman, geleitet wurde. Dort lernte Cameron durch "learning by doing" das Filmhandwerk von der Pike auf. Er war u.a. Production Designer und Second Unit-Regisseur bei PLANET DES SCHRECKENS sowie Art Director und Kameramann für die Spezialeffekte bei SADOR, HERRSCHER IM WELTRAUM.

1981 führte James Cameron erstmals Regie. Roger Corman empfahl ihn den Financiers der italienisch-amerikanischen Co-Produktion PIRANHAS 2 als Regisseur. Cameron bekam den Job, wurde jedoch nach zehn Tagen wieder gefeuert. Wie sich später herausstellte, hatten die Italiener Cameron nur deswegen als Regisseur akzeptiert, um sicherzustellen, daß ihre amerikanischen Geschäftspartner nicht aus dem Filmprojekt ausstiegen. Den Regie-Credit bekam Cameron dennoch, was den künftigen Star-Regisseur dazu veranlaßte, den fertigen Film, der laut Cinescape völlig "unwatchable" gewesen sei, neu zu schneiden, damit der Verleih ihn überhaupt ins Kino bringen konnte.

"Ich hätte auch FREITAG DER 13. TEIL 19 gedreht." - James Cameron über seinen ersten Job als Regisseur

Dennoch war PIRANHAS 2 kein großer Erfolg beschert. Das lag wohl nicht zuletzt an den titelgebenden Killerfischen, die sich zum ersten Mal in der Filmgeschichte aus dem Wasser erheben und mittels zweier Stummelflügel auch an Land auf die Jagd gehen konnten. CGI war damals noch eine simple Buchstabenkombination, darum mußten die fliegenden Piranhas noch auf herkömmliche Weise an (un)sichtbaren Drähten durchs Bild geschwenkt werden, womit sich zur Lachnummer des fliegenden Fisches an sich auch noch die unfreiwillige Komik dilettantischen Trickhandwerks gesellte. James Cameron, der sich der zweifelhaften Qualität seines Debütfilms durchaus bewußt ist, sagte in einem Interview, daß es ihm damals in erster Linie ums Regieführen gegangen sei, nicht um die Inszenierung eines klasse Films. "Im Fall von PIRANHAS 2 hätte es keinen Unterschied gemacht, wenn es sich um FREITAG DER 13. Teil 19 gehandelt hätte. Ich hätte mich trotzdem drauf gestürzt, allein wegen der Gelegenheit, Regie führen zu können."

Mit Gale Ann Hurd, der jungen Produktionsassistentin von SADOR, HERRSCHER IM WELTRAUM, gründete Cameron 1982 die Produktionsgesellschaft "Pacific Western Productions". Gemeinsam erarbeiteten sie das Drehbuch zu ihrem ersten Projekt TERMINATOR. 1984 wurde gedreht. Regisseur war (natürlich) James Cameron. In den Hauptrollen: Arnold Schwarzenegger, Michael Biehn und Linda Hamilton. In einer Nebenrolle als Punk mit blauen Stachelhaaren: Bill Paxton, ehemaliger Ausstattungsassistent bei "New World Pictures". Sie alle sollten in späteren Cameron-Filmen wieder auftauchen (Arnie u.a. in TRUE LIES, Biehn u.a. in ABYSS, Hamilton in TERMINATOR 2 und Paxton u.a. in ALIENS).

Die Geschichte vom nahezu unzerstörbaren Killer-Cyborg, der aus der Zukunft ins Jahr 1984 gesandt wird, um die junge Sarah Connor zu beseitigen, die nicht weiß, daß ihr noch ungeborener Sohn später einmal zu einer Bedrohung für die Welt des Terminators wird, entwickelte sich im Herbst `84 zum absoluten Überflieger an den Kinokassen rund um den Erdball. 150 Millionen Dollar soll TERMINATOR weltweit eingespielt haben, bei Herstellungskosten von nur acht Millionen Dollar. Im Gegensatz zu manch anderem Blockbuster erntete der Film auch das Lob der Kritiker. Das amerikanische Nachrichtenmagazin "Time"bezeichnete Camerons Werk beispielsweise als einen der besten zehn Filme des Jahres, der "Esquire" hielt TERMINATOR gar für den bedeutendsten Film der gesamten Dekade und Patrick Goldstein, Filmexperte der "Los Angeles Times", schrieb: "Ein perfekter Film für ein schauriges Wochenende. Blut und Fleisch spritzen, Autos kollidieren, sogar der Humor überlebt - und damit: Ein großes B-Movie!".

"Der Terminator kann machen was er will." - Camerons Erklärung für den Erfolg von TERMINATOR

Daß er mit TERMINATOR dermaßen ins Schwarze treffen würde, dürfte Cameron selbst überrascht haben. Erklären kann sich der Regisseur diesen Erfolg aber schon. Cameron: "Der Film hat das Publikum auf einer psychologischen Ebene angesprochen. Der Terminator verkörpert gewissermaßen die dunkle Seite der menschlichen Psyche. Er ist frei von moralischen Zwängen und kann tun und lassen, was er will. Die Vorstellung, einmal ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Normen nur das zu tun, was man will, hat die Leute an TERMINATOR fasziniert. Ich war allerdings verblüfft, daß sich die Leute ohne weiteres mit einem Mischwesen aus Mensch und Maschine anfreunden konnten. Vermutlich, weil man weiß, daß der Mensch selbst eine Art Maschine ist."

Auf dem Filmfest in Avoriaz gewann TERMINATOR vor Konkurrenten wie ZEIT DER WÖLFE und NIGHTMARE ON ELM STREET den Großen Preis und unterstrich damit nochmals seine Klasse und die des Regisseurs. Vom Erfolg des Films profitierte im übrigen auch Arnold Schwarzenegger, der in Hollywood lange Zeit als mimisch minderbemittelter Kraftmeier mit kuriosem Akzent und unaussprechlichem Namen belächelt wurde. Es ist fraglich, ob der Grazer ohne seinen Auftritt als Terminator jemals den Superstar-Status heutiger Tage erlangt hätte. Auch wenn er damals im Interview witzelte, daß er als brutaler Terminator kurze Haare habe und dies im Vergleich zur Rolle in CONAN, DER BARBAR eine echte Veränderung sei - Arnie dürfte zumindest heute genau wissen, daß TERMINATOR seiner Karriere den entscheidenden Kick verpaßt hat.

(Teil 2 im nächsten SPOOKIE)

 

TERMINATOR in 3-D

Seit kurzem können die Besucher der Universal Studios Florida in einem eigens für diesen Zweck konstruierten Kino eine ganz besondere Filmattraktion bestaunen: TERMINATOR 2 3-D: BATTLE ACROSS TIME. Inszeniert wurde der zehnminütige Film von James Cameron, dem Special-Make-Up-Experten Stan Winston und dem SFX-Supervisor John Bruno. Winston und Bruno arbeiteten in der Vergangenheit bereits öfter mit Cameron zusammen, u.a. auch bei den TERMINATOR-Filmen. Den Stahlkämpfer aus der Zukunft spielt in der 3D-Version (na, wer wohl?) der breite Arnold aus Österreich. John Connor wird erneut von Edward Furlong dargestellt.

James Cameron über den Film: "Es ist fast wie ein dritter TERMINATOR-Film, nur mit dem Unterschied, daß man ihn nicht in jedem Kino sehen kann. Es ist eine Mischung aus Film und Theater. Leute springen in den Film hinein, bzw. heraus. Die übliche Barriere zwischen Publikum und Filmgeschehen ist weg."

Dieser Artikel erschien in Spookie Nr. 1, April 1996